Saarbrücker Schloss

Das Saarbrücker Schloss hat eine wechselvolle Geschichte: Im Mittelalter als Festungsanlage genutzt, in der Renaissance zum Schloss umgebaut, wurde es im 18. Jahrhundert zum Sitz der Fürsten von Nassau-Saarbrücken. Im 20. Jahrhundert wurde das Saarbrücker Schloss als Verwaltungssitz der Stadt und der Regierungskommission des Völkerbundes genutzt. Ab 1935 war es die Hauptstelle der Gestapo. Nach 1945 wurde das im Krieg beschädigte Schloss erneut Verwaltungssitz. Von 1982 bis 1989 wurde es nach den Plänen des Architekten Gottfried Böhm saniert. Heute ist im Schloss der Regionalverband Saarbrücken untergebracht. Im Anbau befindet sich das Historische Museum Saar mit der Dauerausstellung zur NS-Zeit an der Saar. Vor dem Schloss liegt der Platz des Unsichtbaren Mahnmals.

Zur Zeit des Nationalsozialismus war der Saarbrücker Schlossplatz ein zentraler Ort der nationalsozialistischen Polizeigewalt. Im Schloss waren verschiedene Dienststellen des NS-Regimes untergebracht, der Schlossplatz diente außerdem als Sammelstelle für saarländische Juden vor ihrer Deportation.

 

Kontakt

Saarbrücker Schloss / Historisches Museum Saar
Schlossplatz 1 – 15
66119 Saarbrücken

Telefon: +49 | 0 | 681 | 5 06 16 16
E-Mail: info@saarbruecker-schloss.de

Webseite: www.saarbruecker-schloss.de

 

Der Platz des Unsichtbaren Mahnmals

Der Künstler Jochen Gerz, der Anfang der 1990er Jahre als Gastprofessor an der Hochschule der Bildenden Künste Saar tätig gewesen ist, fertigte gemeinsam mit Studierenden das Projekt 2.146 Steine – Mahnmal gegen Rassismus an. Zunächst noch ohne offiziellen Auftrag und entnahm die Projektgruppe dem Schlossplatz Pflastersteine, auf deren Unterseite sie die Namen der 2.146 jüdischen Friedhöfe meißelte, die es bis 1933 in Deutschland gegeben hatte. Anschließend wurden die Steine mit der gravierten Seite nach unten wieder eingesetzte. Am 23. Mai 1993 wurde das Mahnmal der Öffentlichkeit übergeben und der Schlossplatz in Platz des unsichtbaren Mahnmals umbenannt. Eine Sammlung der Stätten des Gedenkens an Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft im öffentlichen Raum der Landeshauptstadt Saarbrücken findet sich hier.

Zeitzeugenberichte

Emil Limbach
Der Zeitzeuge Emil Limbach erinnert sich:
Zum Beispiel ein französischer Koch des Zwangsarbeiterlagers, ich traf ihn, als er Besorgungen in der Stadt erledigte und sagte, dass ich ihn lange nicht gesehen hätte. Er antwortete: „Ich spreche mit Dir nicht über das.“ Aber dann hat er doch erzählt. Er ist auf der Neuen Bremm gewesen, von dort immer wieder runter in die Gestapozelle am Schloss — dort wurde er verhört. Sie haben ihm eine Kiste auf den Buckel geladen, eine schwere Kiste, und die musste er hochtragen, einige Stockwerke. Oben musste er sie wieder absetzen und runtertragen.
[Zitat aus: Raja Bernard / Dietmar Renger: Die Neue Bremm. Ein KZ in Saarbrücken. 1999, S. 29]

Alois Hess
Zeitzeuge Alois Hess war sechs Wochen in Saarbrücken in Haft. Danach wurde er über das Gefängnis Zweibrücken in das KZ Sachsenhausen verbracht:
Der Schlossplatz war also der Anfang der ganzen Verfolgung. Die Zelle stand immer in Zusammenhang mit der Lerchesflur, von dort aus kam man herunter auf den Schlossplatz. In der Zelle war ich bestimmt dreimal. Aber sonst war ich noch öfter unten, es sind Fingerabdrücke gemacht worden, Fotografien, und es ist immer ein ganzer Tag draufgegangen, wenn man heruntergeholt wurde. Aber es war nicht so, dass die Zelle Aufenthaltsorte sein sollte, solange man nicht auf der Lerchesflur war, denn man war ja ständig unter Bewachung, sondern als psychische Folter.
[Zitat aus: Raja Bernard / Dietmar Renger: Die Neue Bremm. Ein KZ in Saarbrücken. 1999, S. 88]

Fritz Holderbaum
Der Zeitzeuge Fritz Holderbaum setzte sich für den Erhalt des Status Quo im Saarland. Daher musste er nach der Abstimmung vom 13. Januar 1935 nach Frankreich fliehen. Er schloss sich daraufhin den Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg an. Nach dem Sieg der Truppen Francos floh er erneut nach Frankreich und wurde im Lager Le Vernet inhaftiert. Von dort erfolgte 1941 Deportation nach Saarbrücken in das Gefängnis Lerchesflur und wurde zu Verhören an den Schlossplatz gebracht:
Es ging dann so, dass es eines Morgens hieß: „Fertigmachen zum Verhör.“ Runter gefahren auf den Schlossplatz, unter Bewachung natürlich, und dort reingeführt. Es ging dann runter in den Keller, allerdings habe ich von einer Zelle — wie sie jetzt entdeckt worden ist — nichts gesehen, dort war ich nicht drin. Ich bin in einen Blechschrank reingestellt worden, das war nur ein kurzer Sitz, etwa 15 cm; da hast du dich gerade hinsetzen können, aber nicht weiter bewegen können.
[Zitat aus: Raja Bernard / Dietmar Renger: Die Neue Bremm. Ein KZ in Saarbrücken. 1999, S. 89]

Im Gestapo-Lager Neue Bremm fand sich eine Kantine, die „Messe der Angestellten“ [Zitat aus: Elisabeth Thalhofer: Neue Bremm. Terrorstätte der Gestapo. Ein Erweitertes Polizeigefängnis und seine Täter 1943 – 1944. St. Ingbert 2002, S. 124] genannt wurde. Die Kantine verköstigte die Aufseher und Angestellte der Gestapo, während im Lager Neue Bremm die Inhaftierten Hunger litten.

 

Chronik


1933

Schlossplatz 14: Sitz der Baugenossenschaft ‚Heimstätten‘ des Kreiswohlfahrtsamtes Saarbrücken.
Schlossplatz 15: Sitz des Generalsekretariates der Regierungskommission des Völkerbundes.

1935

Schlossplatz 14/15: Am 1. April bezieht die Geheime Staatspolizei Saarbrücken, unter Leitung von Anton Dunckern, den linken Flügel des Saarbrücker Schlosses. Dunckern unterstehen auch die Außenstellen in Ottweiler, Merzig, St. Wendel, St. Ingbert, Neunkirchen, Homburg und Saarlouis. Der Keller des Saarbrücker Schlosses wird als Gestapo-Gefängnis genutzt. Im Saarbrücker Schloss waren weitere Funktionsstellen des NS-Regimes untergebracht: die Kreisleitung der NSDAP wurde am Schlossplatz 6/7 angesiedelt, die Gauleitung saß im Hauptteil des Schlosses. Im benachbarten Kreisständehaus befand sich eine Wohnung für den Gauleiter Saarpfalz Josef Bürckel.

Im Stadtteil Altsaarbrücken, befand sich im Lerchesflurweg das städtische Gefängnis. Im Stadtteil St. Arnual in der Saargemünder Straße 95 wurde eine Arrest- und Folterzelle in der Artilleriekaserne eingerichtet. Das war auch im Polizeigefängnis in der Alexanderstraße der Fall.

1940

Der Schlossplatz war nicht nur Dienststelle der Gestapo, sondern auch Sammelstelle für saarländische Juden, die am 22. Oktober 1940 im Rahmen der Aktion Wagner-Bürckel nach Gurs deportiert wurden. Eine Gedenkwand erinnert an die saarländischen Holocaust-Opfer.

1943

Juli: in der Metzer Straße (damals: Josef-Bürckel-Straße) in Altsaarbrücken wird das Polizeilager Neue Bremm mit einem Männer- und einem Frauenlager errichtet. Die Neue Bremm war Sammel- und Auffanglager für Häftlinge aus Frankreich, die in die Konzentrationslager Dachau, Mauthausen und Ravensbrück deportiert wurden. Die Neue Bremm wurde auch als sogenanntes ‚Erziehungslager‘ für Zwangsarbeiter genutzt.

1944

Im Dezember wird bei einem Bombenangriff der Alliierten der Nordflügel des Schlosses beschädigt. Daraufhin wurde die Gestapostelle Saarbrücken in die Deutsche-Front-Straße 37 in Heiligenwald verlegt.

1988

Schlossplatz 15: Eröffnung des Historischen Museums Saar mit der Dauerausstellung Zehn statt Tausend Jahre. Nationalsozialismus an der Saar 1935 bis 1945. Bestandteil der Ausstellung ist eine von fünf ehemaligen Arrestzellen im Keller des Schlosses.

1993

Der Platz des Unsichtbaren Mahnmals vor dem Saarbrücker Schloss wird eingeweiht. Das Mahnmal wurde von dem Künstler Jochen Gerz gemeinsam mit Studierenden der Hochschule der Bildenden Künste Saar konzipiert.