Rabbiner-Rülf-Platz und Skulpturengruppe

Der 2013 eingeweihte Rabbiner-Rülf-Platz in der Saarbrücker Innenstadt ist nach dem ehemaligen Rabbiner der Saarbrücker Synagogengemeinde, Dr. Friedrich Schlomo Rülf (1896 – 1976) benannt. In seine Amtszeit fiel die Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland und die Abstimmung über die Zugehörigkeit des Saargebietes am 13. Januar 1935. Rabbiner Rülf war maßgeblich an der Aushandlung des Römischen Abkommens beteiligt, das den im Saarland lebenden Juden bis zum 29. Februar 1936 eine legale Ausreise ermöglichte.

Die Skulpturengruppe Der unterbrochene Wald von Ariel Auslender erinnert an die während der NS-Zeit ermordeten jüdischen Frauen, Kinder und Männer aus dem Saarland. Die Skulptur besteht aus 40 abgesägten bronzenen Birkenstämmen, die den Bruch mit der Tradition des jüdischen Lebens in der Region symbolisieren.

 

Adresse

Rabbiner-Rülf-Platz
Dudweilerstraße / Berliner Promenade
66111 Saarbrücken

 

Chronik


1929

Dr. Friedrich Schlomo Rülf wird Rabbiner der Saarbrücker Synagogengemeinde.

1933

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar fühlen sich auch die im Saargebiet lebenden Juden zunehmend bedroht. In Saarbrücken gründen Mitglieder der Synagogengemeinde ein Komitee, das auf internationaler Ebene politische, moralische und finanzielle Unterstützung der saarländischen Juden organisiert. Das wichtigste Anliegen des Kommitees ist aber die Zusicherung von Minderheitenrechten für saarländische Juden im Fall einer Rückgliederung des Saargebietes an das Deutsche Reich.

1934

April: Rabbiner Rülf gründet eine jüdische Volksschule im Saarbrücker Stadtteil St. Johann für die Kinder aus den jüdischen Gemeinden an der Saar. Da die Gemeinde wächst, werden im Saalbau am Neumarkt Zweitgottesdienste abgehalten.

3. Dezember: Eine Dreierkommission des Völkerbundes unterbreitet dem Deutschen Reich einen Vorschlag, der später als Römisches Abkommen unterzeichnet wird. Das Abkommen gewährt den saarländischen Juden für ein Jahr nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten an der Saar die Möglichkeit, ungehindert und legal auszuwandern. Diese besonderen Bedingungen galten (nicht nur für die saarländischen Juden) für den Zeitraum zwischen dem 1. März 1935 und dem 29. Februar 1936. Der Saarbrücker Rabbiner Rülf war maßgeblich am Zustandekommen des Abkommens beteiligt.

1935

10. Januar: Rabbiner Rülf wandert mit seiner Familie nach Palästina aus.

13. Januar: Abstimmung über die Zugehörigkeit des Saarlandes: Über 90% der Saarländer stimmen für die Rückgliederung des Saargebietes an das Deutsche Reich.

1. März: Die NS-Regierung übernimmt die Regierungsgeschäfte im Saarland. Das Römische Abkommen tritt in Kraft.

Der zunehmende Antisemitismus zwingt ab Sommer 1935 auch zahlreiche Mitglieder der jüdischen Gemeinden im Saarland zur Emigration. In den Jahren 1933/34 lebten rund 4.638 Juden an der Saar, 1.521 davon waren bereits bis zum 25. Juni 1935 ausgewandert.

Auch die in Saarlouis geborene Esther Bejarano emigrierte mit ihrer Familie. Ihr Vater war Kantor in der Saarbrücker Synagoge und siedelte mit seiner Familie nach Breslau über. 1943 wurde die Familie in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert, Esther Bejarano und ihre Schwester spielten im Mädchenorchester des Vernichtungslagers und überlebten.

15. September: In Nürnberg werden auf dem Reichsparteitag der NSDAP das ‚Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre‘ und das ‚Reichsbürgergesetz‘ verkündet. Die ‚Nürnberger Gesetze‘ sprechen den deutschen Juden alle staatsbürgerlichen Rechte ab.

14. November: Das ‚Reichsbürgergesetz‘ verfügt, die Entlassung aller jüdischen Beamten aus dem Staatsdienst. Durch weitere Verordnungen wird den deutschen Juden die Teilhabe am öffentlichen Leben verwehrt: In vielen Städten und Gemeinden des Deutschen Reiches ist Juden der Besuch von Kinos, Schwimmbädern, Parkanlagen und Gaststätten verboten.

1937

15. April: Promotionsverbot für Juden an allen deutschen Universitäten.

1938

23. Juli: Das Reichsinnenministerium kündigt die Einführung einer ‚Kennkarte für Juden‘ an.

17. August: Auf Verordnung des Reichsinnenministers werden Juden ab 1939 gezwungen, zusätzlich den Vornamen Sarah und Israel zu tragen.

5. Oktober: Der Reichsinnenminister verfügt, dass die Reisepässe von Juden mit einem J zu kennzeichnen sind.

9./10. November: Auf Anweisung des Reichspropagandaministers Joseph Goebbels finden im gesamten Deutschen Reich Gewaltmaßnahmen gegen Juden statt. Die Reichspogromnacht fordert zahlreiche Todesopfer, Synagogen, jüdische Friedhöfe, Geschäfte und Wohnungen werden zerstört.

1939

1. September: Beginn des Zweiten Weltkriegs mit dem Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen.

1. November: Verbot jüdischer Organisationen und Vereine.

1940

22. Oktober: Juden aus Baden, der Pfalz und dem Saarland werden im Rahmen der Wagner-Bürckel-Aktion in das südfranzösische Internierungslager Gurs deportiert. Die Aktion ist nach den Gauleitern Robert Wagner (Baden) und Josef Bürckel (Saarpfalz) benannt.

1941

1. September: Ab sofort müssen alle Juden ab Vollendung des sechsten Lebensjahrs einen gelben Stern, den sogenannten ‚Judenstern‘, sichtbar auf der Kleidung tragen.

1942

20. Januar: Auf der Wannseekonferenz organisieren und koordinieren hochrangige Vertreter des NS-Regimes und der SS-Behörden die Deportation der gesamten jüdischen Bevölkerung in Europa in Vernichtungslager.

März: Erste Transporte aus Deutschland in das Vernichtungslager Auschwitz. Es folgen Transporte von rund 75.000 Juden aus Frankreich über die Bahnhöfe Saarbrücken und Brüssel in die Konzentrations- und Vernichtungslager in Osteuropa.

Vom 6. August 1942 bis zum Frühjahr 1943 wurden 6.000 Juden von Gurs über Drancy und Saarbrücken in die Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und Sobibor deportiert. Unter den Opfern befinden sich auch zahlreiche Juden und Regimegegner aus dem Saarland. In Auschwitz wurden schätzungsweise 500 Juden aus dem Saarland ermordet.

2013

75 Jahre nach der Reichspogromnacht im Jahr 1938, am 12. November 2013, eröffnet die Landeshauptstadt Saarbrücken den Rabbiner Rülf-Platz mit der Skulpturengruppe „Der unterbrochene Wald“ des Bildhauers Ariel Auslender als Erinnerungsort an die jüdischen Opfer aus dem Saarland.

Es gibt einige Dokumente über den Wettbewerb und diesen Ort der Erinnerung:

Dokument 1
Dokument 2
Dokument 3
Dokument 4