Kloster Fünfbrunnen (Cinqfontaines)

Das Herz-Jesu Kloster Fünfbrunnen (lux.: Paafemillen / dt.: Pfaffenmühle) bei Ulflingen war in der Zeit der nationalsozialistischen Besatzung ein Zwischenlager für jüdische Gefangene bis zu ihrer Deportation in die osteuropäischen Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslager. Das Lager war von Juli 1941 bis April 1943 in Betrieb. Ungefähr 300 Juden passierten das offiziell als ‚Jüdisches Altersheim Fünfbrunnen bei Ulfingen‘ bezeichnete Lager.

 

Kontakt

Rue Massen
9907, Troisverges (Ulfingen)
Luxemburg

Webseite: Kloster Fünfbrunnen

 

Erinnerungsort Fünfbrunnen

Auf dem Klostergelände wurde am 6. Juli 1969 ein Denkmal für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus eingeweiht. Es besteht aus sieben roten Granitblöcken aus den Steinbrüchen des ehemaligen Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof, die in ungeordneter Weise übereinandergestapelt sind und „das von den Nationalsozialisten herbeigeführte Ungleichgewicht und die menschliche Zerstörung“ symbolisieren. Der Bildhauer Lucien Wercollier (1908 – 2002) wählte als Inschrift ein Zitat aus der alttestamentarischen Geschichte der Abigail. Seit 2005 erinnert eine Informationstafel über die Geschichte dieses Lieu de Mémoire.

Geschichte

Nach der Annexion Luxemburgs versuchten zahlreiche Juden auszuwandern. Vielen älteren und kranken Menschen gelang dies jedoch nicht. Aus Sorge um ihr Wohlergehen initiierte das jüdische Konsistorium den Plan zur Etablierung eines Altenheims in dem Kloster Fünfbrunnen. Am 11. August traf der erste Transport mit ungefähr 20 Juden in Fünfbrunnen ein. Bis zu seiner Auflösung am 6. April 1943 passierten rund 300 Juden das Lager. Davon gaben 50 Luxemburg als ihren Geburtsort an. Bei einem Großteil handelte es sich um deutsche Juden, die nach 1933 nach Luxemburg emigriert sind.

Im ‚jüdischen Altersheim‘ bestand eine jüdische Selbstverwaltung unter Kontrolle der Gestapo. Begrenzte Lebensmittelzuteilungen, Ausgehverbot und das Tragen des Judensterns charakterisierten den Alltag. Das Konsistorium bemühte sich, die Lage der Heiminsassen zu verbessern. So gelang beispielsweise die Lockerung des Ausgehverbots. Auch wurde versucht durch den Anbau von Gemüse oder den Tauschhandel mit örtlichen Landwirten der Lebensmittelknappheit entgegenzuwirken. 23 Todesfälle wurden im Lager registriert. Ursachen dafür waren das hohe Alter der Insassen, Krankheiten und die katastrophalen Haftbedingungen. Da es weder Mauern noch Zäune gab, gilt Fünfbrunnen als eine „ghettoähnliche Zwangsgemeinschaft“ (Marc Schoentgen) und hatte Ähnlichkeit mit den sogenannten Judenhäusern oder jüdischen Wohnheimen. Dort mussten alle Juden einziehen, die ihre Wohnungen auf Anordnung der Gestapo aufgeben mussten.

 

Chronik


1903

Juli: Gründung des Herz-Jesu-Klosters als Novizität der deutschen Provinz der Herz-Jesu-Priester.

1941

4. März: Auflösung des Klosters durch die Gestapo.

11. August: Erster Transport mit 20 Juden trifft im ‚jüdischen Altenheim‘ in Fünfbrunnen ein.

13. Oktober: Konsistorium der Israelitischen Kultusgemeinde Luxemburg schlägt der Gestapo die Unterbringung aller noch in Luxemburg lebenden Juden in Fünfbrunnen vor. Es handelt sich um rund 400 Jüdinnen und Juden, überwiegend ältere und kranke Menschen.

16. Oktober: Deportation von rund 323 Juden aus Luxemburg, darunter 22 Insassen aus Cinqfontaines nach Lodz / Litzmannstadt.

1942

23. April: Deportation von 24 Juden ins Ghetto Izbica (Polen), darunter die Hälfte aus Fünfbrunnen.

12. Juli: Deportation von 24 Juden in das Vernichtungslager Auschwitz.

26. Juli: Deportation von 27 Juden in das KZ Theresienstadt.

28. Juli: Deportation von 159 Juden in das KZ Theresienstadt.

1943

6. April: Deportation von 97 Juden ins KZ Theresienstadt.

6. April: Auflösung des Lagers — rund 300 Juden passierten Cinqfontaine.

17. Juni: Letzter von insgesamt 7 Deportationen aus dem Großherzugtum Luxemburg. 11 Juden werden in das KZ Theresienstadt deportiert.

1944

Bis September 1944: Leerstand der Gebäude.

Dezember 1944/45: Lazarett während der Ardennen-Offensive der Deutschen Armee.

1945

Nutzung als Kloster von der Herz-Jesu-Priesterschaft.

1969

6. Juli: Einweihung des Monumentes.